Derzeit hat sich wohl kaum ein Projekt so intensiv mit der Ästhetik der Disney Cartoons auseinandergesetzt wie "Epic Mickey". In dem Wii-Spiel von Gamedesign-Legende Warren Spector ("Deus Ex") spielt man sich durch unzählige Level, allesamt inspiriert von klassischen Zeichentrickszenarien. Die Spielwelt ist eine Art marodes Horror-Disneyland, zerstört von einem Tintenmonster. Als Mickey Mouse hat der Spieler die Aufgabe, mit einem magischen Pinsel wieder Farbe in die Cartoonwelt zu bringen. Als dunkler Widersacher tritt "Oswald the Lucky Rabbit" auf, Disneys frühe aber fast vergessene Figur.
Großartig ist die Liebe zum Detail: Fast alle Elemtente des Spieles stammen aus der Disney-Historie. Die Designer hatten freien Zugang zu den Archiven und haben sich auch jenseits der geläufigen Charaktären bedient. Die Grundidee ist, dass Mickey seine von ihm vergessenen Freunde wiederentdeckt, und so werden diese Figuren auch dem Spieler wieder vorgestellt. Das Problem des Spiels ist aber, dass es für die nichtexistente Zielgruppe der filmgeschichtlich-interessierten Kinder gemacht wurde. Jüngeres Publikum wird einen großteils des Charmes des Spieles nicht verstehen, älteres Publikum ist genervt vom allzu uneigenstädigem Gameplay. Alle kleinsten Rätsel werden mit dem Zaunpfahl im Vorfeld erklärt, nie kann man mehr als ein paar Sekunden selber steuern. Dazu kommt eine etwas ungenaue Steuerung und ein ewiger Kampf mit der Kamera. "Epic Mickey" brilliert in Art Direction, Animation und Sound. Und es ist erfreulich, dass die Entwickler es geschafft haben, dem sonst sehr konservativen Disney-Konzern seine Kronjuwelen zu entwenden und zusammen mit dem Giftschrank zu einem düsteren Steampunk-Jump'n'Run zu verabeiten. Leider ist das Spiel so zäh, dass sicher nicht viele Spieler die ganze Welt der Disney-Cartoons erspielen werden.